„Würdige Unterbringung“ und „Integration“:
FDP und Freie Wähler wollen Geflüchtete zwischen Autobahn und Holzhackschnitzelheizkraftwerk unterbringen
Derzeit gibt es eine für alle offene Online-Petition gegen eine vom Landkreis geplante Flüchtlingsunterkunft in Taufkirchen. Leider bietet diese Petition nicht nur Raum für nachvollziehbare Bedenken von Anwohnern sondern auch für diverse Hasskommentare, deren Verfasser nicht unbedingt aus Taufkirchen kommen. Diese Petition hat FDP und Freie Wählern dazu veranlasst zu beantragen, die Geflüchteten an den äußersten Rand des Taufkirchner Gewerbegebiets zu verdrängen und die Unterkunft in der Karwendelstraße zu errichten.
Ein häufig genanntes Argument gegen Geflüchtete in der Nähe von Kindergärten und Wohnbebauung, das in der Petition vorgebracht wird, ist „Wir wissen ja nicht, wer da kommt“ und die Angst vor den vielen jungen Männern.
Nun wissen wir tatsächlich nicht, wer dort untergebracht werden soll, aber anders als in der Vergangenheit, geht es derzeit vermehrt um Frauen und Kinder, die ihre ukrainische Heimat allein verlassen haben, weil deren Männer und Väter als mögliche Soldaten in der Ukraine zurückbleiben mussten.
Viele haben diese Petition unterschrieben, weil sie sich Sorgen um Frauen und Kinder machen. Aber offensichtlich sind für manche damit nur bestimmte Frauen und Kinder gemeint. Die anderen sollen jetzt, wenn es nach den Freien Wählern und der FDP geht, in die für diese Kinder offenbar ideale Umgebung von Holzhackschnitzeln und LKW-Verkehr verbannt werden
Die Nachbarschaft des Grundstücks an der Karwendelstraße besteht nämlich aus Autobahn, Holzhackschnitzelheizkraftwerk und dem Wertstoffhof. Der Weg zur Grundschule an der Dorfstraße liegt an der 2-Kilometergrenze, was entweder bedeutet, dass es eine Pflicht für die Gemeinde gibt, die Kinder zur Grundschule zu befördern, oder dass sie zu Fuß das Taufkirchner Gewerbegebiet ohne jede Wohnbebauung durchqueren müssen. Noch schwieriger wird die Situation bei Kita-Kindern und bei der nachschulischen Betreuung. Beides ist gerade für Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, besonders wichtig.
Zwar gibt es in der Nähe Einkaufsmöglichkeiten, aber Ärzte, Apotheken, Behörden, Deutschkurse für Mütter und Ähnliches sind ohne fremde Hilfe für viele nur schwer erreichbar. Das Gleiche gilt auch in der anderen Richtung: Für den Helferkreis, auf dessen ehrenamtliches Engagement für Integration man sich oft verlässt, wäre diese Unterkunft sehr abgelegen, was die Betreuung wesentlich zeitaufwendiger und schwieriger macht.
Wie die Freien Wähler zu dem Schluss kommen, dass es besonders menschenwürdig und integrationsfördernd ist, Geflüchtete fern jeder Wohnbebauung in einem reinen Gewerbegebiet unterzubringen, wie sie in ihrem Antrag betonen, ist unter den oben geschilderten Bedingungen rätselhaft.
Die einzige Lösung ist für die Grünen im Taufkirchner Gemeinderat, das Landratsamt doch noch davon zu überzeugen, dass eine dezentrale Unterbringung mit Verteilung auf zwei oder mehrere Grundstücke vorzuziehen wäre. Wir denken dabei an die verfügbaren Grundstücke am Postweg, die Pfarrer-Weidenauer-Straße und Teile der Festwiese.
Gabi Zaglauer-Swoboda
(Gemeinderätin)
Ergänzung:
Und nicht nur, dass man die Flüchtlinge damit alle undifferenziert als Problemfälle darstellt die aus dem Ort nach Möglichkeit verschwinden sollen – besonders die Kinder trifft es wie immer am härtesten. Die einzige Abwechslung an der Karwendelstraße ist (inzwischen) der neue Supermarkt und der Drogeriemarkt. Um zum See oder zum Schwimmbad (vermutlich für Flüchtlinge/Asylbewerber sowieso zu teuer) muss die stark befahrene Tölzer bzw. Münchner Straße überquert werden.
Es gibt keinen Spielplatz, keinerlei einfach nutzbare Freizeiteinrichtung in der Nähe und dort möchte man (auch) Mütter mit ihren Kindern unterbringen – für einen Zeitraum von mehreren Jahren?
In meinen Augen absolut unverständlich. Die direkten Anwohner vom Postweg sind nach einem Gespräch nicht vollkommen gegen die Flüchtlinge/Asylbewerber, nur die große Anzahl gefällt Ihnen nicht so sehr. Wenn man es also in 2 Teile splitten könnte, wäre vermutlich allen Beteiligten geholfen. Und wenn man dann den Postweg und die die Pfarrer-Weidenauer-Straße wählen würde, dann wäre eine vernünftige Betreuung und Integration (die doch langfristig das Ziel sein sollte) deutlich einfacher als an der Karwendelstraße.
Unterbringung an der Karwendelstraße? -> nein, so sieht kein vernünftiger und durchdachter Integrationsversuch aus.
Thomas Hummel
(Gemeinderat)
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